Dagmar Wöhrl bekannt als Unternehmerin, Politikerin, Juristin und „Miss Germany“ hat 23 Jahre im Deutschen Bundestag hinter sich. In dieser Zeit hat sie sich nicht als glamouröse Ex-Schönheitskönigin, sondern als kluge Macherin profiliert. Zwei zentrale Felder ihrer Arbeit: Entwicklungspolitik, insbesondere Flucht und Migration, sowie Kulturpolitik, speziell Kultur- und Kreativwirtschaft.
Als Vorsitzende des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (seit 2009) war ihr Engagement kein Lippenbekenntnis, sondern Handarbeit sowohl im Bundestag als auch auf den Feldern krisengeschüttelter Länder.
Flüchtlinge im Wahlkreis erleben und im Bundestag dafür kämpfen Im Herbst 2015 stand ein Flüchtlingszelt für 200 Menschen auf einem Sportplatz in ihrem Nürnberger Wahlkreis. Für Wöhrl war das kein abstraktes Thema, sondern ein persönlicher Weckruf. Ihre Analyse lautete: Die Behörden seien funktionsgestört, Ehrenamtliche retteten den Tag. Kurz nachdem sie dieses Fazit zog, wurde ihr klar: Das deutsche System müsse fair sein, damit Hilfe aufrechterhalten bleibt.
Mutig sprach sie im Bundestag Klartext: Politische Flüchtlinge müssten Schutz bekommen und Wirtschaftsflüchtlinge gezielt abgewehrt. Zeitgleich warnte sie vor dem steigenden Anteil unbegleiteter Minderjähriger 70.000 Menschen in Deutschland, davon 4.000 allein in Bayern und forderte ein eigenständiges Asylverfahren für Kinder.
Fluchtursachen bekämpfen im Herkunftsland
Ihr Credo lautet: „Wir müssen in Ländern wie Syrien, Jordanien oder Libyen in Infrastruktur, Ausbildung und Rechtsstaat investieren. Denn nur so entsteht eine Perspektive, die Menschen davon abhält, sich auf den gefährlichen Weg nach Europa zu begeben. Diese Sicht vertrat sie noch einmal in Plenumsreden im Jahr 2015 und rief dazu auf, das Asylsystem Europas zu überdenken. Sie präsentierte dabei klare Zahlen zu Binnenflüchtlingen (6,6 Millionen plus 1,3 Millionen neue).
Wöhrl sprach auch über die Lebensbedingungen in Lagern: medizinische Not, Gewalt und Hunger, wie im Libanon, wo die Wasserpreise um 200 % stiegen und Mütter ihre Töchter verkaufen mussten. Sie betonte: „Bleibt dort, wo ihr seid. Wir helfen vor Ort.“
Die Kultur- und Kreativwirtschaft ist mehr als nur schöne Künste.
Parallel zu ihrer Arbeit in der Entwicklungspolitik engagierte sie sich im Bundestag für eine starke Kultur-, Kreativ- und Medienpolitik.
Kultur als Wirtschafts- und Lebensfaktor
Im Bundestag setzte sich Wöhrl für die Verbindung von Kultur und Wirtschaft als Branchenmotor, Jobmaschine und Standortfaktor ein. Sie kritisierte das Zuschussdenken und forderte Förderung für kreative Gründer sowie die Professionalisierung des Sektors.
Sie hob hervor, dass Deutschland mit 137 Milliarden Euro Umsatz und fast einer Million Beschäftigten im Jahr 2010 eine ernstzunehmende Branche im Kulturbereich habe, die aus 244.000 Unternehmen besteht. Ihre Forderung: Weiterentwicklung statt Subventionsmonopol. Sie sprach sich für den ländlichen Raum, die Digitale Bibliothek und den Kulturtourismus aus.
Sie machte deutlich, dass Kultur nicht nur in Städten funktioniert, sondern auch im ländlichen Raum durch Fördermittel, digitale Zugänge wie die Deutsche Digitale Bibliothek oder den gezielten Ausbau des Kulturtourismus, beispielsweise durch Kulturhauptstadtinitiativen und das Wachstum der Berlinale. Sie setzte ein Zeichen. Kultur schafft Werte und die Wirtschaft braucht sie. Rückblick – vom Jurastudium zur „Miss Bundestag“
Wöhrl graduierte in Jura, leitete eine Konzernrechtsabteilung, gewann Schönheitswettbewerbe, startete im Stadtrat und landete schließlich über die CSU im Bundestag (1994). Von 2005 bis 2009 war sie Parlamentarische Staatssekretärin für Wirtschaft und Technologie sowie für maritime Wirtschaft und zugleich Mitglied im Entwicklungsausschuss, bevor sie 2009 Vorsitzende des AWZ wurde.
Durch ihre Biografie zieht sich ein roter Faden: Veränderung wagen, Neues angehen, auch mal die Schönheitskrone gegen politische Verantwortung tauschen. Sie ist authentisch, bodenständig und resolut.
Klartext und Kontroversen: Die Haltung ist kein Ruhmesblatt.
Wöhrl galt nie als Harmoniepolitikerin. So widersprach sie etwa ihrer eigenen Fraktion, als sie 2015 gegen das zweite Griechenland-Hilfspaket stimmte. Unbeirrt engagierte sie sich für Tierschutz (Tierschutz im Grundgesetz) und setzte sich gegen Kulturobstruktionen ein.
Sie kritisierte die „Abschottungspolitik“ Europas als ineffektiv und forderte Solidarität, die europaweit und nicht national getragen wird. Und immer wieder: Politik muss Ergebnisse liefern, nicht nur Strategie.
Vermächtnis – Leistung mit Sinn?
Entwicklungspolitisch: Fluchtursachenbekämpfung, Kinderrechte im Asylverfahren, Investitionen vor Ort, Resettlement-Zentren (z. B. für Mittelfranken/Nürnberg)? Kulturpolitisch: Anerkennung der Kreativwirtschaft als Wirtschaftszweig, Förderung im ländlichen Raum, Digitalisierung des kulturellen Erbes. Ihre Haltung: Politik braucht Authentizität. Sie selbst sagte, man brauche Geduld, Brückenbauerfähigkeiten und eine lösungsorientierte Einstellung – aber vor allem müsse man sich selbst bleiben.
Dagmar Wöhrl im Bundestag: menschlich, bodenständig, streitbar.
Dagmar Wöhrl ist keine Polit-Predigerin. Sie ist jemand, der anpackt, nachhakt und erklärt – basierend auf persönlichen Erfahrungen. Ob bei Flüchtlingszelten im Wahlkreis, Diskussionen um Kultursubventionen oder beim Brückenbau nach Afrika – sie mischte sich ein, ohne jemanden mit ihrer Glitzerkarriere abzuschleifen. Und das tut gut in Zeiten, in denen die Politik sonst oft nur durch die Klatschpresse bekannt wird.
7 Dinge, die du über Dagmar Wöhrl wissen solltest
- Vorsitzende des AWZ-Ausschusses von 2009 bis Ende 2017.
- Sie forderte eine Resettlement-Anlaufstelle in Nürnberg/Mittelfranken.
- Redete regelmäßig über Kulturpolitik und erkannte die Kreativwirtschaft als Motor.
- Sie hatte eine klare Haltung bei der Griechenland-Hilfe, beim Tierschutz und beim Kulturfonds.
- Sie setzte sich für differenzierte Asylverfahren für Minderjährige ein.
- Sie sieht die Bekämpfung von Fluchtursachen vor Ort als langfristige Lösung.
- Ihre Haltung: Politik bedeutet Haltung, Geduld und Persönlichkeit.
Dagmar Wöhrl ist ein Vorbild dafür, wie Politik mehr sein kann als Klientelpolitik: mit Ernsthaftigkeit, Empathie und dem Fokus auf Ergebnissen. Und genau deshalb kam sie nach ihrem Rückzug aus dem Bundestag bei ihrem Publikum in der „Höhle der Löwen“ so gut an: Sie wirkte authentisch, bodenständig und hatte den Blick fürs Wesentliche.